22. Mai 2025
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Wie Heu sich selbst entzünden kann
Ulrich Strack
Wer zu Hause schon einmal in Eile den Rasen gemäht hat, musste vielleicht auch den Rasenschnitt auf einem großen Haufen liegen lassen und wollte ihn nach ein paar Tagen wegschaffen. Man greift in den Haufen und bemerkt dann, wie unangenehm heiß es im Inneren ist. Bei näherem Hinsehen, zeigen sich braune und manchmal auch schwarze Nester im sonst grünen Rasenschnitt, die sich besonders heiß anfühlen. Vielleicht war es sogar während der Tage zuvor gar nicht besonders warm draußen. Daran kann es also nicht liegen und außerdem wäre ja dann eher die äußere Schicht des Grases besonders erhitzt, oder? Was steckt dahinter und was heißt Selbstentzündung?
Selbstentzündung von Heu bedeutet, dass sich das Schnittgut ohne Mitwirkung einer externen Zündquelle entzündet, und zwar von innen heraus aufgrund biochemischer und chemischer Vorgänge. Es ist ein mehrstufiger Vorgang, der mit biochemischer Aktivität in den Pflanzenresten selbst beginnt, von Bakterien und Pilzen fortgesetzt wird und bei ausreichend hoher Temperatur als Verbrennung und somit als rein chemischer Prozess enden kann. Für eine initiale Erwärmung auf 40 bis 50 Grad Celsius sorgen mesophile Bakterien und Pilze, die moderate Temperaturen brauchen, und die Restatmung der Pflanzenteile selbst. Die abgeschnittenen Halme sind zunächst noch nicht biochemisch tot, sondern bauen weiter Zucker zur Energiegewinnung ihrer Zellen ab. Mehr als 60 Prozent der in dieser Restatmung gewonnenen Energie wird als Verlustleistung in Form von Wärme frei. Wenn die Temperatur auf höhere Werte gestiegen ist, setzen die Restatmung und die Aktivität der mesophilen Mikroorganismen aus. Jetzt beginnen thermophile Bakterien sich zu vermehren, die höhere Temperaturen bevorzugen. Bekannte Arten sind Geobacillus stearothermophilus und Clostridium thermocellum. Das sind Bakterien, die im Boden leben, Überdauerungssporen bilden können und entweder gar keinen Sauerstoff vertragen oder nur nicht unbedingt benötigen. Sie brauchen aber auf jeden Fall eine gewisse Feuchtigkeit von 15 bis 18 Prozent im Heu, um die pflanzlichen Stoffe aus dem Heu verwerten zu können. Beim Abbau der Pflanzenstoffe wird nicht nur Energie für die Heubakterien produziert, sondern auch wieder Wärme erzeugt. Dabei steigt die Temperatur auf 60 bis 70 Grad Celsius.
Ab 70 bis 80 Grad Celsius müssen auch die thermophilen Mikroorganismen aufgeben. Jetzt können unter der hohen Temperatur rein chemische Vorgänge wie der weitere Zerfall von Eiweiß, Pektinen und Fetten und die direkte Oxidation solcher Heubestandteile dazu führen, dass brennbare Gase entstehen, Verkohlung auftritt und die Temperatur weiter steigt. In ungünstigen Fällen kann sie innerhalb von wenigen Tagen auf über 200 Grad Celsius ansteigen. Das Heu beginnt zu schwelen und die Verbrennungswärme verursacht einen leichten Aufwind, der schließlich das ganze Heulager in Brand setzen kann.
Natürlich ist ein Haufen Grasschnitt, der nach dem Rasenmähen im Garten angefallen ist, kein Grund zur Sorge. Aber was ist mit den vielen Tonnen Heu in einer Scheune? In Österreich zum Beispiel kommt es in landwirtschaftlichen Betrieben jährlich zu etwa 50 solcher Brände mit einem wirtschaftlichen Gesamtschaden von etwa zwei Millionen Euro.
Es drängt also, die Ursachen solcher Brände zu vermeiden, zumal ein landwirtschaftlicher Betrieb, der sich um diese Gefahren nachweislich gar nicht gekümmert hat, mit dem Ausfall oder mit Einschränkungen bei Versicherungsleistungen rechnen muss.
Was kann vorbeugend getan werden?
- Das Heu sollte vor der Lagerung gut getrocknet werden und einen Feuchtigkeitsgehalt von höchstens 15 bis 18 Prozent aufweisen. Für die Messung gibt es Feuchtesonden.
- Große Mengen Heu und ganze Silos sollten planmäßig umgelagert und gut belüftet werden.
- Die Innentemperatur des Heulagers sollte wenigstens in den ersten zwei Wochen überwacht werden. Bei Temperaturen ab 70 Grad Celsius sollte die Feuerwehr informiert werden. Für die Messung gibt es Wärmesonden.
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zuletzt bearbeitet am 8.VI.2025