27. März 2025
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Der Boden des Jahres: Die Rendzina
Joachim Schmitz
Blume des Jahres, Vogel des Jahres, Schmetterling des Jahres, jetzt auch noch der Boden des Jahres? Doch, das ist sinnvoll. Denn die Qualität des Bodens ist die entscheidende Grundlage für alles, was darauf wächst, kreucht und fleucht. Deshalb lobt das Kuratorium „Boden des Jahres“ seit einiger Zeit diesen Titel aus. Das Gremium setzt sich zusammen aus der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, dem Bundesverband Boden und dem Ingenieurtechnischen Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling.
Boden des Jahres ist also die Rendzina. Das klingt so wie ein griechischer Wein. Der Name kommt aber vom altpolnischen rzędzić, was so viel wie schwätzen, schimpfen heißt. Das soll sich auf das Geräusch beziehen, das beim Pflügen entsteht. Der Boden ist sehr steinig und die zahlreichen Steine prasseln heftig auf die Pflugschar.
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Bodenanriss bei Thuir im Dürener Muschelkalk. Unter der braunen Humusschicht liegt direkt das Grundgestein.
Normalerweise unterscheidet man im Boden drei Schichten, die man A-, B- und C-Horizont nennt. C ist das anstehende Grundgestein bzw. bei Sand- oder Kiesböden der mineralische Untergrund. A ist die Humusschicht aus verrottetem Pflanzenmaterial. B ist ein Mischhorizont aus erodiertem Gestein und Humus. Vor allem in Wäldern kann zuoberst noch eine Schicht aus unzersetztem organischen Material wie Laub liegen. Die nennt man dann Nullhorizont (0).
Bei der Rendzina fällt der B-Horizont aus. Eine geringe Humusdecke stockt direkt auf dem Grundgestein. Das enthält immer Calcium, meistens als Kalk; in Thüringen kann das auch Gips sein. Durch die Huminsäuren im Humus sind normale Böden immer etwas sauer (pH-Wert um 5 oder weniger). Die wässrige Lösung von Kalk ist aber ziemlich basisch, so dass der A-Horizont neutral oder sogar schwach basisch ist.
Wegen der dünnen Humusschicht ist der Boden nährstoffarm und kann auch sehr trocken werden. Aus dem gleichen Grund erwärmt sich das Gestein darunter aber auch viel schneller. So findet man dann auf Rendzina ausgesprochen wärmeliebende Arten. Die müssen nicht unbedingt Kalkböden bevorzugen. Im Mittelmeerraum wachsen diese Arten auch auf kalkfreiem Boden, bei uns sind sie aber auf die mikroklimatisch begünstigte Rendzina beschränkt.
Entsprechend spektakulär ist die Vegetation auf Rendzina. Typischer Wald ist der Orchideen-Buchen-Wald (Carici-Fagetum), der durch einige, z.T. sehr seltene Orchideen charakterisiert ist, u.a. alle drei heimischen Waldvögelein-Arten (Cephalanthera species). Bei Bad Münstereifel und in der Südeifel kommt der Steinsamen-Eichen-Wald (Lithospermo-Quercetum) vor, der sogar zu den submediterranen Wäldern gehört. Die namengebende Art ist der Blaurote Steinsame (Buglossoides purpurocaerulea, früher Lithospermum purpurocaeruleum).
Im Mittelalter wurden viele Flächen gerodet. Der Boden taugt aber nur für einen Magerrasen, der in der Nordeifel meistens als Schafweide bewirtschaftet wurde. Kalkmagerrasen beherbergen ebenfalls viele spektakuläre Arten, darunter auch wieder viele Orchideen und mehrere Enzian-Arten. Der Deutsche Enzian (Gentianella germanica) ist Charakterart der beweideten Kalkmagerrasen (Gentiano-Koelerietum). Die berühmten Wacholderheiden in der Sötenicher und Blankenheimer Kalkmulde gehören ebenfalls hierhin.
Wie schon in der Erklärung des Namens oben anklang, wurden auf Rendzina auch Äcker angelegt. Die waren ertragsarm und besonders reich an Acker-Wildkräutern. Solche Äcker werden heute nur noch im Rahmen der Vertragslandwirtschaft aufrecht erhalten. So gibt es seit ein paar Jahren am Aachener Schneeberg wieder größere Bestände des Nadelkerbels oder Venuskamms (Scandix pecten-veneris).
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zuletzt bearbeitet am 9.IV.2025