23. April 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Zauneidechse, ein schützenswertes Reptil

 Veronika Bernhardt

Die Benennung Zauneidechse gibt einen Hinweis auf beliebte Aufenthaltsräume der Tiere, nämlich Grenzstrukturen und Übergangsbereiche. Sehr konkret und passend ist die französische Bezeichnung „lezard des souches“ – Eidechse der Baumstümpfe – und das Niederländische und Englische verweisen in der Namensgebung auf die bevorzugten Sandböden: „Zandhagedis“ und „sand lizard“.

Zauneidechsen sind recht kräftige Eidechsen mit relativ kurzen Beinen. Sie besitzen einen langgestreckten Körper, dessen Rumpfanteil etwa neun Zentimeter ausmacht, während der Schwanz bis zu 15 Zentimeter lang werden kann. Die Männchen unterscheiden sich durch ihren leuchtend smaragdgrün gefärbten Kopf sowie Bauch und Flanken deutlich von den unscheinbar braun beschuppten Weibchen. Darüber hinaus besitzen beide Geschlechter typische Zeichnungsmuster in Form von weißen Linien und Punkten auf dem Rücken.

Die Männchen und die Jungtiere des Vorjahres verlassen ihre Winterquartiere normalerweise Anfang bis Mitte März, die Weibchen meist etwa drei Wochen später. Bei warmem Wetter suchen die tagaktiven Tiere am Morgen zunächst einen besonnten Liegeplatz auf, um ihren von der Außentemperatur abhängigen, wechselwarmen Körper zunächst bis auf „Betriebstemperatur“ (30 bis 32 Grad Celsius) aufzuwärmen. Erst dann sind die Eidechsen agil genug, um auf räuberische Beutejagd zu gehen. Zu ihrem Speiseplan gehören vor allem Insekten, dazu auch Spinnen und Würmer sowie junge Mäuse aber auch Jungtiere anderer Echsenarten. Der Schwanz fungiert dabei als Fettreservoir.

Flüssigkeit gewinnen sie aus Tau- und Regentropfen. Nachts, bei nasskaltem Wetter oder zu hoher Außentemperatur suchen die Zauneidechsen Feuchtbereiche auf oder sie ziehen sich ganz in ihren Unterschlupf zurück.

Sie selbst sind begehrte Beute von Greif- und Rabenvögeln, werden aber auch von Füchsen, Igeln und Schlingnattern gerne vertilgt. Über die Eidechseneier machen sich unter anderem Laufkäfer und Maulwurfsgrille her. Bei Bedrohung durch einen Fressfeind kann die Zauneidechse einen Teil ihres Schwanzes an einer von mehreren „Sollbruchstellen“ der Schwanzwirbelsäule aktiv abwerfen, so dass der Feind von dem zuckenden Schwanzstück abgelenkt wird und sie fliehen kann. Innerhalb von etwa vier Wochen bildet sich ein Ersatzschwanz aus.

Die Paarungszeit der Echsen dauert von etwa Ende April bis Ende Juni. In dieser Zeit verteidigen die Männchen ihr Revier. Etwa zehn bis 14 Tage nach der Paarung legt das Weibchen zehn bis 15 pergamentartig umhüllte Eier ab. Dafür gräbt es in lockerem Erd- oder Sandboden einige Zentimeter tiefe Gänge. Die Entwicklungszeit der Eier ist sowohl stark von der Außentemperatur als auch von der Feuchtigkeit abhängig, so dass bei nasskaltem Wetter nur wenige Jungtiere schlüpfen und bei zu großer Trockenheit missgebildete Jungtiere entstehen. Im Normalfall schlüpfen nach etwa acht Wochen etwa vier bis sechs Zentimeter lange kleine Zauneidechsen, die sofort ein selbstständiges Leben führen.

Die Zauneidechse kommt in weiten Teilen Europas vor, ist jedoch auch bis Zentralasien verbreitet. Noch vor wenigen Jahrzehnten entdeckte man ständig Zauneidechsen: am lichten, trockenen Waldrand, an Bahndämmen, am Wiesenrand, im Steinbruch, auf offenen Flächen oder im Totholz. Doch mit dem Fehlen von Waldlichtungen und Heckenlandschaften, von Säumen an Waldrändern und unbefestigten Wegen, durch intensive Landwirtschaft oder auch die Zerstückelung der Landschaft durch Straßen- und Siedlungsbau wird ihr die Existenzgrundlage, ihr Lebensraum, entzogen. Daher gilt inzwischen nicht nur die Art selbst als streng geschützt, sondern es ist außerdem verboten, ihre Lebensräume zu beschädigen oder zu zerstören.

Die Zauneidechse (Lacerta agilis) wird auf den Roten Listen der meisten Bundesländer inzwischen als gefährdet oder sogar stark gefährdet eingestuft! Und sie wurde zum „Reptil des Jahres 2020“ ernannt.

 

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zuletzt bearbeitet am 9.VII.2020