29. Aug. 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Springspinnen: Quicklebendig, geschickt und nützlich

 Veronika Bernhardt

 

Spinnen?! Igitt, nein danke, wird mancher von Ihnen vielleicht denken. Doch eine solche Reaktion hat die Springspinne wirklich nicht verdient, was Sie hoffentlich nach der Lektüre des folgenden Textes nachvollziehen können.

Es gibt weltweit, mit Schwerpunkt in den Tropen und Subtropen, über 5800 Arten. Etwa 400 davon sind in Europa heimisch, circa 80 davon tummeln sich in Deutschland. Sie bilden damit die artenreichste Familie in der Ordnung der Webspinnen.

Die tagaktiven Jäger lieben Wärme und halten sich daher häufig an sonnenbeschienenen Hauswänden und Mauern auf. Aber auch auf Felsen, offenen Flächen und als Vegetationsbewohner findet sie der aufmerksame Beobachter vom Frühling bis zum Sommer. Sie lassen sich aufgrund ihrer abgehackten, ruckartigen Bewegungsweise gut von anderen Spinnenarten unterscheiden. Der Unaufmerksame kann sie allerdings leicht übersehen, denn diese Achtbeiner sind doch recht klein mit einer Länge von nur drei bis zwölf Millimetern. Sie sind unterschiedlich gefärbt, oft mit weißen Haarflecken oder -binden geschmückt.

Eigentlich Einzelgänger, finden sich die Paare im Juni. Das Männchen vollführt einen regelrechten Balztanz aus „zackig“ ausgeführten Rechts-Links-Laufbewegungen und mit winkenden Tastern; am Ende verdickt gleichen sie „Boxhandschuhen“. Die typische Bewegungsweise und das Taster-Winken signalisieren dem Weibchen: da nähert sich ein Partner und keine Beute. Bald nach der Paarung stirbt dann allerdings das Männchen. Das Weibchen bewacht seinen Eikokon, bis der Nachwuchs nach etwa 30 Tagen schlüpft. Dann stirbt es auch. Die Jungtiere bleiben noch einige Wochen in ihrem schützenden Kokon, erst im Spätherbst beginnt ihr Leben als Single.

Die Tiere überwintern versteckt in Fugen, Spalten oder ähnlichen Schlupfwinkeln, in geschlossenen Wohngespinsten. Im März und April beginnt ihr aktives Leben als räuberische Jäger, aber auch als Nützlinge.

Für die Jagd sind sie aufgrund zweier körperlicher Eigenschaften hervorragend ausgestattet: erstens mit ihren mit besonderer Technik arbeitenden Sprungbeinen und zweitens mit ihren extrem leistungsfähigen Augen.

Beim Sprung kommen nicht alle acht Beine zum Einsatz, sondern meist nur das dritte oder vierte Beinpaar. Durch blitzschnelles Einpressen von Hämolymphe (Körperflüssigkeit der Spinne) werden die eng an den Körper herangeholten Beinpaare zum Sprung gestreckt – ein perfektes hydraulisches Verfahren.

Die Beute (Fliegen, kleine Käfer, Stechmücken und andere Spinnen) umfassen die Jäger dann mit ihren Giftklauen und Beinen und saugen sie aus. Sie bauen also keine Netze, in denen sich die Beute verfängt, sondern sie jagen aktiv, und dadurch wird auch klar, warum sie Springspinnen (Salticidae bedeutet durch Sprung Tötende) heißen. Bei weiten Sprüngen bedient sich die Spinne übrigens eines „Sicherheitsgurtes“, denn sie befestigt stets einen Seidenfaden am Untergrund, sollte der – eigentlich sehr zielgenaue Sprung – doch einmal danebengehen.

Beim Ausspähen von Beute helfen ihr – selbst auf relativ weite Entfernung – ihre insgesamt acht Augen: vier nach vorne gerichtet, je zwei seitlich. Die beiden vorderen Mittelaugen, die frontal ausgerichteten, scheinwerferartig vergrößerten Hauptaugen sind unglaublich leistungsfähige Linsenaugen, die nicht nur farbige, sondern auch dreidimensionale Bilder liefern. Die Punktaugen ermöglichen die Sicht seitlich und nach hinten, so dass die Spinne wirklich auf die kleinste Bewegung reagieren kann. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil in ihrem kurzen Leben.

Übrigens: „Spinne des Jahres“ (2019) ist die Ameisenspringspinne. Sie verdankt ihren Namen ihrer perfekten Tarnung als Ameise (Ameisenmimikry): Sie sieht nicht nur aus wie eine Ameise, sondern sie bewegt und verhält sich auch wie eine und ist so geschützt vor ihren Feinden (Vögeln, Schlupf- oder Grabwespen), die die aggressiven Ameisen meiden. Wieder ein bewundernswerter Einfall der Natur.

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zuletzt bearbeitet am 1.I.2020