21. Febr. 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Thymian war schon in der Antike ein Held

 Ruth Gestrich-Schmitz

 

Frühlingshafte Temperaturen und Sonnenschein lassen in der Natur viele Pflanzen schon erwachen und laden zu Spaziergängen und Ausflügen mit dem Fahrrad ein. Doch es ist erst Ende Februar und man muss aufpassen, dass man sich nicht doch noch eine Erkältung einfängt. Falls es jemanden erwischt, können viele Kräuter Linderung bringen. Zu diesen gehört der Thymian, den wir in der Küche als mediterranes Gewürz schätzen.

Im Mittelmeerraum ist der Echte Thymian (Thymus vulgaris) aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) beheimatet. Er wird auch Garten-, Gewürzthymian oder Römischer Quendel genannt. In der Antike wusste man bereits die Eigenschaften des Thymians zu nutzen: Als aromatisches Gewürz machte er fette Speisen schmackhaft und bekömmlich. Die Ärzte setzten ihn schon vor zweitausend Jahren bei Erkrankungen der Atemwege ein. Nach Mitteleuropa kam er erst im Hochmittelalter. Das belegen unter anderem Funde von Thymianblättchen bei Ausgrabungen von hoch- und spätmittelalterlichen Latrinen im Rheinland. In seinem Kräuterbuch von 1543 schreibt der Arzt und Botaniker Leonhart Fuchs: „Thymian mit Honig gekocht und getrunken ist förderlich und nützt denjenigen, die das Keuchen und schwere Atmen haben.“

Verantwortlich für diese Heilwirkung ist das in den Blättern vorhandene ätherische Öl mit den Hauptwirkstoffen Thymol und Carvacrol. Es wird aus Thymus vulgaris und Thymus zygis, dem Joch-Thymian, gewonnen. Das ätherische Öl wirkt desinfizierend, schleim- und krampflösend. Thymiankraut hilft bei Bronchitis, Keuchhusten und asthmatischen Anfällen sowie bei Pilz- und bakteriellen Infektionen in Mund und Rachen und auf der Haut. Auch Magen und Darm profitieren vom Thymian: Er wirkt belebend, Appetit-anregend, entkrampfend und fördert die Verdauung fetter Speisen. Innerlich wird das Thymiankraut als Tee oder als Flüssigextrakt, oft in Kombination mit anderen Kräutern, angewendet. Es gibt alkoholische und wässrige Auszüge in Tropfenform, Trockenextrakte in Kapseln und Thymianöl in Erkältungsbädern und –salben. Die Wirkung von Thymian bei Kindern und Schwangeren ist noch nicht genügend erforscht, deshalb ist hier Vorsicht geboten.

Thymian ist nicht nur ein medizinisch anerkanntes Heilmittel, auch die Pflanze selbst hat viel zu bieten. Thymus vulgaris wächst als Halbstrauch gerne auf kalkhaltigen Böden und wird bis zu vierzig Zentimeter hoch. Die kleinen, schmal elliptischen, kreuzgegenständigen Blätter sind unterseits weißfilzig behaart und an den Rändern eingerollt, eine Anpassung an das heiße, trockene Klima in mediterranen Strauchheiden. Von Mai bis Oktober erscheinen kleine rosa-lila Lippenblüten mit ausgerandeter Oberlippe und dreilappiger Unterlippe. Sie werden gerne von Bienen besucht. Die ganze Pflanze duftet stark aromatisch. Im Garten liebt der Thymian einen sonnigen, warmen, trockenen Platz. Er lässt sich auch gut im Topf kultivieren in sandiger, magerer Erde. Als Topfpflanze bringt man ihn gut über den Winter, denn er ist frostanfällig. Triebe und Blätter können laufend geerntet werden, am besten mittags, weil dann der Gehalt an ätherischem Öl am höchsten ist. In getrocknetem Zustand duftet und schmeckt Thymian noch intensiver.

Thymian ist in der Küche vielfältig einsetzbar. Sein intensives Aroma würzt Fleisch, Geflügel, Fisch, Soßen, Käse und Wurst, mediterranes Gemüse, Kartoffelgerichte und Kräuteressig. Ein naher Verwandter, der Zitronenthymian (T. x citriodorus) bezaubert mit seinem zitronigen Duft und den hübschen Blättern. Weniger aromatisch, dafür aber winterhart, ist der bei uns wildwachsende Quendel oder Feldthymian (T. serpyllum). Er wächst polsterartig, wird nur bis zwanzig Zentimeter hoch und blüht purpurfarben. Marie-Luise Kreuter empfiehlt in ihrem Buch „Der Biogarten“, mit verschiedenen Thymian-Arten und –Sorten zauberhafte farbige Teppiche zu knüpfen, die einen duftenden, hübschen und pflegeleichten Rasenersatz bilden, oder sich eine Oase der Wohlgerüche im Garten zu schaffen mit Thymian, Oregano, Salbei, Lavendel, Katzenminze, Heiligenkraut und Federnelken, die Schmetterlinge, Bienen und andere Insekten anlocken.

 

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zuletzt bearbeitet am 17.V.2019