4. Aug. 2022

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Kiwi - Wer war zuerst da? Der Vogel oder die Frucht?

 Richard Zimmermann

Wie die vorab gestellte Frage vermuten lässt, wird unter dem Begriff Kiwi sowohl eine Pflanze beziehungsweise ihre Frucht als auch ein Tier, genauer ein Vogel bezeichnet. Doch wurde zuerst die Frucht oder der Vogel als Kiwi bezeichnet?

Im Supermarkt sind die Kiwifrüchte meistens von einem Aufkleber mit „Ursprung: Neuseeland“ verziert. Deshalb wird die Kiwifrucht vor allem mit Neuseeland verbunden. Allerdings werden die Früchte mittlerweile ebenso in Europa, genauer Italien, gefolgt von Griechenland und Frankreich angebaut. Während Neuseeland lediglich der zweitgrößte Produzent der Welt ist, stellt China als Top 1 Produzent alle in den Schatten. Dort wird das 3,5-Fache der Menge, die in Neuseeland produziert wird, erzeugt. Aufgrund des großen Vorkommens und der ursprünglichen Herkunft wird die Kiwi auch als chinesische Stachelbeere bezeichnet. Allerdings ist diese Bezeichnung botanisch gesehen nicht richtig. Die Kiwipflanze oder -frucht besitzt keine Stacheln oder Dornen, sondern eher einen weichen, pelzig-haarigen Saum. Darüber hinaus ist die Kiwi nicht im Entferntesten mit den Stachelbeeren verwandt, außer, dass beides Pflanzen sind und essbare Früchte tragen. Aber immerhin ist die Kiwi eine Beere, ebenso wie die Stachelbeere. Allerdings gehören Stachelbeeren zur Ordnung der Steinbrecherartigen (Saxifragales) und Kiwis zu den Heidekrautartigen (Ericales). Vermutlich rührt die Bezeichnung der Stachelbeere daher, dass die Früchte sich von der Form her etwas ähneln und der pelzige Mantel an Stacheln erinnert. Die Kiwi gehört eigentlich zur Gattung der Strahlengriffel (Actinidia) und in dieser Gattung wiederum gibt es nur wenige Arten, bei der der überwiegende Teil gezüchtet wurde und jetzt mit dem Trivialnamen Kiwi(frucht) (Actinidia deliciosa) bekannt ist. Die Pflanze ist ursprünglich in Ostasien beheimatet und wächst dort als Liane. In der Natur kommt die Pflanze vor allem in großen Höhenlagen bis zu 2.800 Metern vor.

Und dann ist da noch der Vogel. Dieser aber stammt ursprünglich tatsächlich aus Neuseeland und ist einzig allein dort beheimatet. Die Bezeichnung hierfür ist der Kiwi (Maskulinum), wohingegen die Beere als die Kiwi (Femininum) bezeichnet wird. Der Kiwi (Apteryx) oder auch Schnepfenstrauß entstammt einer eigenen Ordnung (Apterygiformes), die nur in Neuseeland existiert. Die Ordnung gehört zur Unterklasse der Urkiefervögel (Palaeognathae), in der auch der Straußenvogel eingeordnet ist. Der Kiwi ist der kleinste aller Laufvögel und weicht zudem stark von deren Biologie ab. Dies zeichnet sich vor allem daher ab, dass sie die im Verhältnis zu ihrer Körpergröße größten Eier legen. Darüber hinaus liegt die Körpertemperatur mit 38 °C näher an den Säugetieren als an den meisten anderen Vögeln mit 42 °C. Alle Arten des Kiwi gelten als gefährdet, wobei einige akut vom Aussterben bedroht sind. Früher wurden die Vögel zusätzlich durch die Ureinwohner und Europäer aufgrund des Fleisches und der Federn bejagt. Im Jahr 1896 wurde die Jagd verboten und seit 1921 stehen die Kiwis unter Schutz. Allerdings werden sie auch von früher eingeschleppten und fremden Tieren gefressen. Eine weitere Gefahr geht von Haustieren wie Katzen oder Hunden aus.

Um die alles entscheidende Frage endlich zu beantworten: Die Namensgebung der Frucht folgte nach dem Tier. Die Kiwifrucht wurde im Jahr 1904 aus China nach Neuseeland eingeführt und wurde dadurch sehr beliebt und großflächig angebaut. 1952 wurde sie erstmals nach England exportiert und erhielt dort 1959 den Trivialnamen Kiwi, benannt nach dem gleichnamigen Nationalvogel von Neuseeland. Wer denkt, dass Fruchttrends durch marketinggeprägte Begriffe wie Superfood neu sind, irrt sich, denn die Kiwi entwickelte sich in den 70er-Jahren zu einer Trendfrucht. Der Konsum stieg innerhalb weniger Jahre in Deutschland von knapp 1 auf 85 Millionen Früchte an. Gleiche Trends sind beispielsweise von Avocados bekannt.

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zuletzt bearbeitet am 5.X.2022