11. Nov. 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Meister der Anpassungsfähigkeit: Wildschweine

 Sophie Zimmermann

Ein Tier, das vermutlich häufig mit dem Herbst in Verbindung gebracht wird, ist das Wildschwein. Nicht nur, weil es gerne die im Herbst hervorschießenden Pilze verspeist, sondern auch, weil die Paarungszeit in diesen Monaten beginnt. Vor ungefähr 10.000 Jahren fingen die Menschen an, Wildschweine (sus scrofa) zu domestizieren, woraus sich unsere heutigen Hausschweine entwickelten. Die Hausschweine gehören trotz der äußerlichen Unterschiede immer noch zu der selben Art wie ihre wilden Verwandten.

Wildschweine sind durch ihre gedrungene Statur, dem dichten borstigen Fell und der typischen Schnauze unverwechselbar. Im Gegensatz zu den meist hellen Hausschweinen sind sie sehr dunkel und weisen eine braune bis graue Borstenfarbe auf. Ihre Ohren sind büschelig und die Augen tief in der Schädeldecke gelegen. So sind die Sinnesorgane gut geschützt, während die Tiere sich durch das Unterholz kämpfen. Zusätzlich sind die Augen dicht bewimpert und haben einen ausgeprägten Liedreflex, falls sie auf ihrem Weg von Ästen gestreift werden. Doch die Sehkraft der Wildschweine ist eher schlecht. So heißt es, falls man am Tag Wildschweinen begegnet, soll man sich ganz still neben einen Baum stellen und sie würden einen nicht sehen. In der Dunkelheit ist ihre Sehkraft etwas besser, trotzdem verlassen sie sich mehr auf ihren Geruchsinn. Dieser ist ausgezeichnet, weshalb die Schweine auch zur Trüffelsuche oder sogar bei der Drogenfahndung genutzt werden.

Wildschweine sind in ganz Europa und Teilen Asiens heimisch. Schon früh wurden die Schweine von Menschen gejagt, weshalb es Zeiten gab, in denen sie in Teilen Deutschlands und ganz Großbritannien ausgerottet waren. Doch die Tiere erschlossen durch den Menschen auch neue Lebensräume, wie beispielsweise auf den amerikanischen oder australischen Kontinenten, auf die sie verschleppt wurden. Heute hat sich der Wildschweinbestand in Deutschland erholt und ist durch seine Anpassungsfähigkeit nicht bedroht.

Diese Anpassungsfähigkeit erlaubte es den Schweinen sich an die vom Menschen geprägten Lebensräume anzupassen. Die früher tagaktiven Tiere passten sich der Schlafenszeit der Menschen an, sodass sie nun erst in der Dämmerung mit der Nahrungssuche beginnen. So leben Wildschweine heute nicht mehr nur in Wäldern, sondern auch in Städten. In Berlin streifen das ganze Jahr über große Gruppen von Wildschweinen durch die Straßen der Großstadt. Als Allesfresser sind die Tiere nicht auf eine bestimmte Nahrung angewiesen, sondern essen im Grunde das, was ihnen vor die Schnauze kommt. In naturbelassenen Gebieten sind dies bevorzugt Kastanien, Bucheckern, Pilze, aber auch verschiedene Weichtiere oder kleine Wirbeltiere.

Wildschweine haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Die Tiere leben zusammen in einer geselligen Rotte, die aus Bachen (Weibchen), Überläufer (2 Jahre alte Jungtiere) und den Frischlingen (Jungtier von diesem Jahr) besteht. Die männlichen erwachsenen Tiere (Keiler) sind Einzelgänger und schließen sich nur zur Paarungszeit (Rauschzeit) der Rotte an. Die älteste Bache ist die Leitbache und führt die Rotte an. Sie entscheidet über Nahrungssuche, Suhlen und Auswahl der Ruheplätze. Auch ihr Paarungswille wird auf die anderen Bachen übertragen. Das Suhlen steht bei Wildschweinen als wichtige Körperpflege auf der Tagesordnung. Auch reiben sich die Tiere gerne an Baumstämmen oder werden in Wildtiergehegen von Besuchern mit Bürsten verwöhnt.

Ein Aspekt, weshalb Wildschweine zurzeit in den Nachrichten genannt werden, ist die Afrikanische Schweinepest, die 2020 auch in Deutschland nachgewiesen wurde. Diese ist zwar für den Menschen unbedenklich, wurde aber durch sein Zutun von Afrika bis nach Europa verbreitet. Eine Infektion von Schweinen mit dem Virus verläuft meist tödlich. Auch für die Schweinehaltung stellt die Ausbreitung der Krankheit ein großes Problem dar. Da es keine Impfung gibt, werden alle Schweine eines Betriebs, in dem eine Infektion festgestellt wurde, getötet, um eine Ausbreitung zu vermeiden. Erst kürzlich wurden in einem Risikogebiet alle Wildschweine eines Wildgeheges getötet, da es keine Möglichkeit gibt, die Tiere im Innenraum zu halten. Da die Krankheit sowohl über direkten Tierkontakt als auch über Fleisch oder Wurst infizierter Tiere übertragen werden kann, ist es besonders wichtig, diese Essensreste ordentlich zu entsorgen. Auch ist es streng verboten, Wildschweine mit Küchen- oder Speiseabfällen zu füttern.

 

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zuletzt bearbeitet am 3.XII.2021