4. Juni 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Fieberklee – Blume des Jahres 2020

 Ruth Gestrich-Schmitz

Die Loki Schmidt Stiftung hat in diesem Jahr den auf der Roten Liste Deutschlands als gefährdete Art aufgeführten Fieberklee (Menyanthes trifoliata) zur Blume des Jahres gekürt. Seit 1980 steht er unter Naturschutz. Moore, Sümpfe und Feuchtwiesen sind sein Lebensraum, der durch Entwässerung, Nährstoffeinträge, Abtorfung sowie land- und forstwirtschaftliche Nutzung bedroht ist. „Mit der Benennung zur Blume des Jahres möchte die Loki Schmidt Stiftung auf den dringend notwendigen Schutz dieser Ökosysteme aufmerksam machen und ihre Bedeutung für Mensch und Natur thematisieren. Denn nicht nur eine Vielzahl gefährdeter, hoch spezialisierter Arten fühlt sich hier wohl – auch das Klima wird in erheblichem Maße durch Moorlandschaften beeinflusst“, heißt es in der Broschüre zur Blume des Jahres.

Eigentlich ist der Name Fieberklee irreführend. Weder ist eine Wirksamkeit gegen Fieber nachweisbar, noch ist er mit dem Klee, der botanisch zur Familie der Hülsenfrüchtler zählt, verwandt. Der Fieberklee sieht mit seinen dreizählig-gefiederten, länglich-ovalen Blättern (daher der Artname trifoliata) dem Klee sehr ähnlich, gehört jedoch zur Familie der Fieberkleegewächse (Menyanthaceae). Die maximal dreißig Zentimeter hohe, ausdauernde Pflanze kommt auf der Nordhalbkugel - in Europa, Asien und Nordamerika - vom Flachland bis in etwa zweitausend Meter Höhe vor. Sie wächst mit einem im schlammigen Boden „kriechenden“ Rhizom (Sprossachsensystem) bevorzugt auf kalkarmen Nieder- und Zwischenmooren (Mittelstellung zwischen rein von Regenwasser gespeisten Hoch- und grundwasserabhängigen Niedermooren), im Randsumpf von Hochmooren (Lagg genannt), in Schwingrasen, auch an Gewässerufern und in Gräben. Als Pionierpflanze wirkend beginnt der Fieberklee mit der Verlandung, indem er vom Ufer aus mit Hilfe seines dicht verzweigten, bis zu zwei Meter langen Rhizoms in Richtung Wasserfläche hinauswächst und damit anderen Pflanzenarten den Weg bereitet. Nur der unterste Teil des Rhizomgeflechts bildet Wurzeln aus, die die Pflanze im Untergrund verankern, der Rest ragt frei ins Wasser. Das Rhizom dient auch der Speicherung von Nährstoffen und hilft dem Fieberklee zu überwintern. Er verträgt Temperaturen bis unter minus 20°C.

Dem Rhizom entspringen im Frühjahr wechselständig angeordnete, dreizählige, lang gestielte Blätter. Von Ende April bis Juni entwickeln sich in aufrechten Trauben stehende, filigrane Blüten mit fünf weißen Kronblättern. Auf deren Innenfläche wachsen fransig-bärtige Haare – daher der Volksname „Zottelklee“. Sie schützen nicht nur den Nektar vor Regen und kleinen unerwünschten Insekten, sondern vergrößern auch die Schauwirkung. Hummeln und andere Bienen fühlen sich magisch angezogen. Zwischen Juni und Juli entwickeln sich aus den bestäubten Blüten Kapselfrüchte, die glatte, braune, eiförmige Samen enthalten. Sie werden durch Wind, Wasser und Vögel verbreitet.

Fieberklee enthält in allen Pflanzenteilen Bitterstoffe, daher wird er auch als Bitterklee bezeichnet. Die Bitterstoffe fördern Speichel- und Magensaftsekretion und werden seit dem 19.Jh. bei Appetitlosigkeit und zur Verdauungsförderung eingesetzt, entweder als Tee aus den getrockneten Blättern oder als Kräuterlikör, für den man die Blüten verwendet. Die Auffassung, Fieberklee helfe gegen Fieber, beruht vielleicht darauf, dass andere fiebersenkende Mittel wie Chinin ebenfalls sehr bitter schmecken und man sich dementsprechend auch von Menyanthes als bitterer Arznei eine ähnliche Wirkung erhoffte. Die Blätter enthalten einen hohen Gehalt an Vitamin C, was früher zur Behandlung von Skorbut erfolgreich eingesetzt wurde, und zu dem Volksnamen „Scharbockklee“ (Scharbock = alte Bezeichnung für Skorbut) geführt hat. In Lappland kam der Fieberklee als Hopfenersatz beim Bierbrauen zum Einsatz, zu Pulver gemahlen wurde das kohlenhydratreiche Rhizom zum Brotbacken verwendet.

Im Gartenbau nutzt man gerne den Fieberklee als Wildstaude in naturnahen Pflanzungen für Sumpfbeete und Uferbepflanzungen flacher Gewässer. Hübsche Blüten, wenig Pflegeaufwand, Winterhärte und Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen lassen manchen Gartenliebhaber ins Schwärmen kommen.

 

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 9.VII.2020