2. Jan. 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Zukunft des Tannenbaums

 Karl Josef Strank

 

Weihnachten ohne „Tannenbaum“ ist irgendwie nicht mehr vorstellbar, es würde etwas fehlen. Landauf, landab werden sie in der Adventszeit von der einfachen Fichte bis zur edlen Tanne angeboten. Auch dieses Jahr werden in Deutschland wieder etwa 25 Millionen Weihnachtsbäume den Weg in die Wohnzimmer finden und die Herzen von Jung und Alt erfreuen. So christlich der Brauch heute erscheint, hat er doch seine Ursprünge in heidnischer Vorzeit.

Denn den Kelten und Germanen galten seit Jahrhunderten immergrüne Pflanzen als ein Symbol für Fruchtbarkeit und Lebenskraft. In den nördlichen Ländern, in denen die Winter hart und lang sind, wurden Tannenzweige ins Haus gehängt zur Abwehr böser Geister und anderer Eindringlinge, aber auch als Zeichen der Hoffnung auf den nächsten Frühling.

Als im 19. Jahrhundert, um die Nachfrage nach Bauholz für den Bergbau zu decken, vermehrt Fichten- und Tannenforste aufgepflanzt wurden, gab es genug Nadelbäume, die dann als Christbaum in die Wohnstuben auf dem Land wie in der Stadt Einzug hielten. Deutsche Auswanderer brachten den Weihnachtsbaum nach Amerika, 1891 stand der erste vor dem Weißen Haus. Die Erleuchtung des New Yorker Weihnachtsbaumes vor dem Rockefeller Center ist jedes Jahr ein Mega-Event, das in der Stadt die Weihnachtszeit einleitet. Die Kirche tat sich lange Zeit schwer mit diesem heidnischen Brauch, und so stand erst unter Papst Johannes Paul II. im Jahr 1982 der erste Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz in Rom.

In den Zeiten eines voranschreitenden Klimawandels fragen einige besorgt: Jetzt, wo sich der Brauch vielerorts in der Welt verbreitet hat, wie steht es denn um die Zukunft des Tannenbaums. Kritiker melden sich ja regelmäßig vor Weihnachten zu Wort und prangern das Einschlagen von Millionen Nadelbäumen in unseren Wäldern an. Befürworter beschwichtigen mit dem Hinweis, der jährliche Einschlag der Tannenbäume sei vergleichbar mit einer sowieso stattfindenden Durchforstung der Wälder. Als Folge der vergangenen Dürrejahre sind allerdings die großen braunen Flecken abgestorbener Fichten im Grün der anderen Bäume nicht mehr zu übersehen. Es geht der Fichte in weiten Teilen unserer Wälder an den Kragen. Als Flachwurzler trifft es sie als erste. Wenn es mal längere Zeit nicht regnet, gerät sie unter Wasserstress. Der Borkenkäfer tut ein Übriges, die Bäume endgültig absterben zu lassen. Ist deshalb zu befürchten, dass es bald nicht mehr genug Christbäume gibt? Wohl kaum, denn ersatzweise stehen einige immergrüne Nadelbäume bereit, die den Menschen die Dunkelheit des Winters und die trüben Tage vergessen lassen und ihnen die Hoffnung auf den Frühling und das Wiedererwachen des Lebens geben.

Die Fichte wird deswegen nicht gleich aussterben, denn ursprünglich ist sie ein Baum der höheren Berg- und Gebirgslagen. Aus den niederen Lagen wird sie verschwinden. Der Bedarf an billigem Nutzholz ist nicht mehr wie zu Zeiten des Bergbaus gegeben und forstwirtschaftliche Empfehlungen für die Fichte werden auch nicht mehr ausgesprochen. In ihrem angestammten Verbreitungsgebiet kommt sie zurecht und wird überleben. Für die Tannen stellt sich die Situation etwas besser dar, weil sie über ein Pfahlwurzelsystem verfügen und nicht so sehr unter der Trockenheit leiden.

Der eigentliche Gewinner unter den Nadelbäumen ist aber die Douglasie. Sie wurde Anfang des letzten Jahrhunderts in Deutschland forstlich eingeführt und ist wegen ihres Potenzials, heimische Nadelbäume zu verdrängen, als invasive Art eingestuft worden. Aufgrund ihrer Trockenresistenz trotzt sie dem Klimawandel am besten und dürfte von daher an Bedeutung gewinnen. Als Weihnachtsbaum, der fast nicht nadelt, ist sie jetzt schon sehr beliebt und wird als „Edeltanne“ vermarktet.

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zuletzt bearbeitet am 6.I.2020