12. Dez. 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Monstera deliciosa –- aus dem Dschungel zu Instagram

 Ruth Gestrich-Schmitz

 

„Pablo Picasso soll in seiner Wohnung ein grünes Monster beherbergt haben. Einen pflegeleichten, anspruchslosen Mitbewohner, dem Botaniker den Namen Monstera deliciosa verpasst haben. Bis heute gilt das dunkelgrüne Gewächs mit den tief geschlitzten, durchlöcherten Blättern und den wohlschmeckenden Früchten als dankbare Zimmerpflanze für Menschen ohne grünen Daumen“, schreibt die Wissenschaftsjournalistin Kerstin Viering über das Fensterblatt, eine „alte“ Zimmerpflanze, die wieder total hip ist. Vielen ist aus Kindertagen noch in Erinnerung, wie sich die Pflanze mit den imposanten Blättern um einen mit Seil umwickelten Baumstamm windet, und jede Woche mit einem feuchten Tuch der Staub von den Blättern gewischt wurde, damit sie wieder schön glänzten.

Das Köstliche Fensterblatt stammt aus den Wäldern Mexikos und Zentralamerikas und gehört zur Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Es ist eine immergrüne Kletterpflanze und kann mehrere Meter hoch wachsen. Seine Samen keimen am Waldboden. Sich daraus entwickelnde Ausläufer „kriechen“ über den Boden bis ein Baum erreicht ist. Dann entwickeln sich Laubblätter, und die Sprossachsen beginnen, sich um den Baumstamm zu winden. Gleichzeitig werden kurze Haft- und lange Luftwurzeln gebildet, woraufhin der untere Pflanzenteil abstirbt und die Monstera damit zu einem Epiphyten (Aufsitzerpflanze) wird. Die ausgewachsenen Blätter sind groß und löchrig zerschlitzt, was ihr den deutschen Namen Fensterblatt eingebracht hat. Im Alter von zehn oder mehr Jahren entwickeln sich Blütenstände, die denen des Aronstabs ähneln. Im Verlauf von zwölf Monaten entstehen kolbenförmige Fruchtstände, die von Größe und Form her an einen Maiskolben erinnern. Ist der Fruchtstand reif, kann man das wohlschmeckende, cremig-weiße Fruchtfleisch im Inneren des Kolbens genießen. Der köstliche Geschmack erinnert an Banane und Ananas. Noch nicht ganz reife Fruchtstände enthalten Calciumoxalat-Kristalle, die im Mund ein Gefühl verursachen, als beiße man auf Rasierklingen.

Zwar beschrieb der dänische Botaniker Frederik Liebmann Mitte des 19. Jhs. Monstera deliciosa als Erster und gab ihr ihren Namen, aber erst als der polnische Botaniker Józef Warszewicz ein Exemplar aus Mexiko mit nach Berlin brachte und der Botaniker Karl Koch sie in der „Berliner Allgemeinen Gartenzeitung“ beschrieb, begann ihr Siegeszug als Zimmerpflanze. In europäischen Gärtnereien wird sie seit 1848 kultiviert. Zunächst schmückten wohlhabende Berliner ihre Domizile mit der exotischen Dschungelpflanze. Im 20. Jh., mit der Einführung von Zentralheizungen, die die Haltung eher wärmeliebender Pflanzen erlaubte, avancierte die dekorative und imposante Monstera deliciosa zu einer der Klassiker unter den Zimmerpflanzen. Prominenter Mitbewohner einer riesigen Monstera deliciosa war der Maler Henri Matisse, dem die ornamentalen Blätter als Inspiration für Scherenschnitte in seinem Spätwerk dienten.

Das Köstliche Fensterblatt bevorzugt einen hellen, aber nicht vollsonnigen, warmen Platz und regelmäßige Wassergaben ohne Staunässe. Es ist robust gegenüber Schädlingen und kann über Stecklinge mit Luftwurzeln leicht vermehrt werden.

Einige Jahrzehnte waren Zimmerpflanzen wie die Monstera als ungeheuer spießig verschrien, doch jetzt liegt sie wieder voll im Trend. Monstera deliciosa hat es mittlerweile als trendige Dekoration in die angesagtesten Läden in New York und Tokio und in die bekanntesten Designerhäuser geschafft. Ihre markanten Blätter zieren nicht nur den Topf im Wohnzimmer, sondern auch Modekollektionen, Tapeten, Porzellan, Einrichtungsgegenstände. Sie bringt ein Stück Dschungel und Abenteuerlust in die eigenen vier Wände. Als Ikone von Life Style, Kunst und Architektur kursiert sie in den sozialen Netzwerken, wo man sich vielfältige Inspirationen für die „Dschungelisierung“ der eigenen vier Räume holen kann. Auf Instagram findet man Unmengen an Fotos, auf den sich Menschen und ihre Monstera darstellen. Picassos grüner Mitbewohner ist wieder da!

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zuletzt bearbeitet am 6.I.2020