19. April 2018

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Sesam, öffne dich!

Ruth Gestrich-Schmitz

Während eines chinesischen Kochkurses lernte ich den feinen, nussigen Geschmack von Sesamöl kennen. Sesam kannte ich bis dahin vor allem von Brötchen, die damit bestreut sind. Woher der Sesam eigentlich stammt, weiß man nicht so genau. Man geht heute von Teilen Indiens als Heimat aus. Etwa dreitausend Jahre vor Christi Geburt war er bereits in Asien und im Orient bekannt.

Der Sesam (Sesamum indicum) ist eine einjährige Pflanze und gehört zur Familie der Sesamgewächse (Pedaliaceae). Er wächst in warmem, mäßig-feuchtem Klima bis zu 1,5 Meter hoch. Seine fein behaarten Blätter sind im unteren Bereich von gelappter Form, weiter oben ganzrandig. Im Spätsommer entwickeln sich weiße oder rosa Blüten, die denen des Fingerhutes ähneln. Aus ihnen entwickeln sich längliche Fruchtkapseln, mit – je nach Sorte – weißen, schwarzen oder roten Samen. Aus diesen wird durch Kaltpressung und Extraktion ein ernährungsphysiologisch sehr wertvolles Speiseöl gewonnen. Es enthält große Mengen ungesättigte Fettsäuren (Ölsäure, Linolsäure), Calcium, Magnesium und Selen. Der Gehalt an antioxidativen Substanzen (Sesamin, Sesamolin, Vitamin E) kommt nicht nur dem Körper zugute, er macht Sesamöl auch relativ lange haltbar. Der Pressrückstand dient als eiweißreiches Viehfutter.

Griechen und Römer schätzten den Sesam als Gewürz und schrieben ihm aphrodisierende Wirkung zu. Sie würzten wohl deshalb gerne Hochzeitskuchen damit. H. Küster schreibt in „Wo der Pfeffer wächst“, seinem Lexikon zur Kulturgeschichte der Gewürze, dass man Sesam in römischen Kochrezepten findet, in denen die Bereitung einer Soße zu feinem Geflügel, Flamingos und Papageien, beschrieben wird, also ein ganz exquisites Gewürz. Da Sesam aber in der Umgebung Roms nicht angebaut werden konnte, importierte man ihn aus Vorderasien und Unterägypten.

Im Orient war und ist noch heute Sesam eine wichtige Ölpflanze und Brotwürze. Seine Bedeutung soll sich im berühmten Zauberspruch „Sesam, öffne dich!“ aus dem Märchen „Ali Baba und die vierzig Räuber“ niedergeschlagen haben. Ursprünglich aus Asien stammende kulinarische Spezialitäten haben mittlerweile auch bei uns Einzug gehalten: Tahin, eine Paste aus feingemahlenen Sesamkörnern, die aus Arabien stammt und Grundzutat von Hummus (Kichererbsenpürree) ist und die gerne als veganer Brotaufstrich verwendet wird. Oder Halva, eine Süßigkeit aus Sesambrei. Sesamriegel, aus ganzen Sesamsamen, mit Honig oder Zucker verarbeitet, dienen als nahrhafter Snack zwischendurch. Aus Japan und Korea stammt Gomashio, eine Gewürzmischung, vor allem für Reis, bestehend aus gerösteten schwarzen Sesamkörnern und Meersalz. Vorsicht ist jedoch bei Allergikern geboten. Da Sesamsamen allergische Reaktionen auslösen können, müssen sie laut Lebensmittel-Informationsverordnung der EU als Zutat auf der Verpackung stets angegeben werden.

Pharmazeutisch und kosmetisch nutzt man das Sesamöl zur Herstellung von Salben, im Ayurveda als Massageöl. Es hilft beim Ablösen von Hautschorf und Krusten und pflegt besonders trockene Haut.

Sesam wird in tropischen und subtropischen Gebieten vor allem in Asien und Afrika angebaut: Tansania, Myanmar, Indien, China, Nigeria, Äthiopien und Burkina Faso waren 2016 die Hauptproduzenten (laut FAO).

 

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zuletzt bearbeitet am 24.VII.2018