16.März 2017

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Pilze im heimischen Garten kultivieren

Karl Josef Strank

Pilze verbinden wir gedanklich mit Wald und Herbst. Das ist auch die Jahreszeit, in der mitunter Scharen von Sammlern in die Wälder einfallen und körbeweise diese Früchte des Waldes absammeln. Aus Artenschutzgründen, weil auch Pilze immer seltener werden und sie auf der anderen Seite für das intakte Ökosystem Wald enorm wichtig sind, ist das aber nicht erlaubt. Gesammelt werden darf nur für den Eigenverzehr in relativ geringer Menge. Bei der Vielzahl von Pilzen, die im Wald wachsen, muss man sich zudem gut auskennen, um nur die zu sammeln, die auch genießbar und nicht giftig sind. Mit der Kenntnis von Pilzen ist es aber nicht mehr gut gestellt, und ein Fachmann, der die essbaren von den giftigen Sorten zuverlässig unterscheiden kann, ist nicht immer greifbar.

Um dieser Schwierigkeit aus dem Weg zu gehen, gibt es neuerdings eine immer besser zu handhabende Alternative: Pilze gleich im eigenen Garten anbauen. Es gibt spezielle Pilzzuchtfirmen, die für verschiedene Pilzarten entsprechende Sets oder komplette Fertig-Pilzzuchtkulturen anbieten. Diese liefern zuverlässig über mehrere Wochen einen guten Ertrag.

Pilze stehen seit Urzeiten auf dem Speiseplan des Menschen. Sie wurden gesammelt und nicht nur als schmackhafte Bereicherung der Mahlzeiten verzehrt. Schamanen, Heiler und Geisterbeschwörer benutzten sie für rituelle Zwecke. Mithilfe des Fliegen­pilzes und anderer Pilzarten versetzten sie sich in Trance- und Rauschzustände, um mit den Geistern und Ahnen in Kontakt zu treten. Erst die Römer entdeckten als Feinschmecker die Pilze und unternahmen erste Anbauversuche. Lange beschränkte sich der gewerbsmäßige Anbau auf die Kultur von Champignons auf Pferdemistbeeten in dunklen Kellern und Gewölben. Inzwischen ist die Palette der Pilzarten reicher geworden und auch für Klein- und Hobbygärtner gibt es einige Möglichkeiten.

Eine Kulturmethode entdeckte man in der ehemaligen DDR eher zufällig. Bauern hatten in den sechziger Jahren auf einer ungenutzten Galopprennbahn Kartoffelmieten angelegt. Auf den mit Erde vermischten, vermodernden Strohresten des Abdeckmaterials wuchsen jedes Jahr Pilze, die man für Champignons hielt. Ein Pilzkundler identifizierte sie aber als Rotbraune Riesenträuschlinge, auch Braunkappen genannt. Systematische Kulturversuche ergaben, dass eine Kultur auf Strohballen funktioniert. Hierzu braucht man dicht verpresste Strohballen, die zwei bis sieben Tage intensiv gewässert werden. Danach muss der Ballen einen Tag abtropfen. Zur Beimpfung werden von oben mit dem Pflanzholz acht bis zehn Löcher in den Ballen gestochen, die dann mit Pilzbrut gefüllt werden. Die Kultur kann im Frühjahr von April bis Juli und im Herbst von September bis Oktober angesetzt werden. Bei Temperaturen um die 25°C durchwächst das Pilzmyzel den Ballen. Die Ernte der Fruchtkörper erfolgt in mehreren Wellen über drei bis vier Monate.

Pilze gedeihen am besten im feuchtwarmen Klima. Ein Standort im Garten unter einer Hecke oder Büschen ist geeignet. Pralle Sonne ist nicht so gut. Ein Platz unter einem Dach oder im Folientunnel tut es zur Not auch.

Ähnlich wie Braunkappen können auch Austernpilze auf Strohballen im Garten kultiviert werden. Diese werden aber zur Vorbereitung zwei bis drei Wochen unter Luftabschluss fermentiert. Das bedeutet, dass sie komplett unter Wasser gehalten werden. Nach einem Tag des Abtropfens werden sie beimpft und in Folie, in die man mit einer Mistgabel einige Luftlöcher sticht, eingepackt. Das Mycel durchwächst die Ballen innerhalb von drei bis fünf Wochen, wonach die Folie wieder entfernt wird. Die anschließende Fruchtkörperbildung erfolgt in mehreren Wellen über zwei bis drei Monate.

Diese Beispiele sollen Mut machen, es mit der Kultur von Pilzen im eigenen Garten zu probieren. Es ist einfacher als man denkt, wenn auch wiederum kompliziert im Detail. Die mit der Pilzbrut gelieferten Kulturanleitungen sind aber konstruktiv und hilfreich. Und auch hier gilt: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, denn Probieren geht über Studieren.

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zuletzt bearbeitet am 12.IV.2017