8.Okt.2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Ein fleißiges Insekt mit vier Buchstaben? Die richtige Lösung heißt „Emse“.

Karl Joseph Strank

In Kreuzworträtseln findet sich häufig die Umschreibung „fleißiges Insekt“ mit vier Buchstaben. Sofort denkt man an die Biene und schreibt „Imme“. Bei fortschreitender Füllung des Rätsels erkennt man, dass nicht alle Buchstaben zu den anderen Begriffen passen. Die richtige Lösung heißt „Emse“. Emsig ist ein anderes Wort für fleißig, aber welches Insekt ist gemeint? Kein anderes als die Ameise.

Ameisen sind Hautflügler wie auch Bienen und Wespen. Wie das, denn sie haben doch gar keine Flügel? Normal nicht, aber die Königinnen und Männchen, wenn sie zum Hochzeitsflug ausschwärmen, eben doch. Das ist bei weitem nicht die einzige Besonderheit der Ameisen.

Es gibt 11 000 bis 12 500 Ameisenarten weltweit, 200 davon in Deutschland. Alle Ameisen organisieren sich in Staaten. Sie sind damit die bedeutendste Gruppe eusozialer Insekten. Die Größe der Ameisenstaaten liegt zwischen einigen Hundert bis mehreren Millionen Individuen. Da sie sich arbeitsteilig organisieren, gibt es in jedem Volk wenigstens drei Kasten: Arbeiterinnen (unfruchtbar und flügellos), Weibchen (Königinnen) und Männchen. Urheimat der Ameisen sind die Tropen. Verbreitet sind sie bis in die Polarregion, von den Gipfeln der höchsten Gebirge bis in fast pflanzenlose Wüsten.

Ihre geknieten Antennen sind die wichtigsten „Geräte“ zur Wahrnehmung der Umgebung. Mit ihnen tasten, riechen und schmecken sie. Aber auch Temperaturänderungen, Luftbewegungen und den Kohlendioxidgehalt der Luft nehmen sie darüber wahr. Durch Berührungen dienen sie der Verständigung unter den Individuen eines Volkes. Die Facettenaugen der Ameisen sind eher schwach entwickelt.

Ameisen sind wehrhafte Tiere, das hat jeder erfahren, der von ihnen gebissen oder gar mit ätzender Ameisensäure angespritzt worden ist. Damit ist das chemische Arsenal aber bei weitem nicht erschöpft. Einige Arten haben Gifte aus verschiedenen Proteinen, die nerven- und zellschädigend sind. Feuerameisen verfügen sogar über einen Giftstachel und verabreichen Alkaloide. Daneben verwenden Ameisen Duftstoffe, um Spuren zu legen. Ameisenstraßen folgen regelrechten Duftpfaden.

Vielfältig sind die Nischen, die Ameisen in den Ökosystemen einnehmen. Die „Berufe“, die sie dabei ausüben, kann man beschreiben mit Allesfresser, Aasfresser und Räuber, Blattlaushalter und -melker, Samenfresser, Samensammler und Pilzzüchter. Bei der Ausübung dieser Berufe treten sie vielfach mit Pflanzen in Wechselwirkung. Tropische Blattschneiderameisen zerschneiden mit ihren kräftigen Mandibeln Blätter, tragen diese in Kammern des Baus und züchten darauf Pilze, wovon sie leben.

Einige Pflanzen bieten den Ameisen saftige, ölreiche Anhängsel an den Samen, das Ameisenbrot, an. Diese suchen die Samen, verschleppen sie in den Bau oder fressen auf dem Weg dorthin den Fettkörper und lassen die Samen liegen. So tragen sie zu deren Verbreitung bei. Auf diese Weise werden etwa Lerchensporn, Schneeglöckchen, Schöllkraut, Wolfsmilcharten und viele andere Arten verbreitet.

Ameisen beschützen und melken Läuse und Flöhe, die Pflanzensäfte saugen. Diese produzieren Zuckersaft im Überschuss, den die Ameisen regelrecht melken, um sich davon zu ernähren. Diesen Honigtau sammeln auch die Bienen, aber Ameisen gehen so weit, dass sie sich regelrecht Herden von Blattläusen halten und diese gegen Fressfeinde oder andere Ameisenvölker verteidigen. Die Symbiose ist so eng, dass einige Ameisenarten Blattläuse in ihren Nestern überwintern lassen, vor der Kälte schützen oder deren Eier und Larven, wenn sie vom Regen weggespült werden, auf die Blätter zurückholen.

Tropische Treiber- und Wanderameisen sind Räuber und Aasfresser, die alles beseitigen, was ihren Weg kreuzt. Unsere Rote Waldameise ist ein Allesfresser. Sie ernährt sich von Raupen, Schmetterlingen, Fliegen, Spinnen, Samen, Pollen und Früchten.

Im Ökosystem Wald ist sie äußerst nützlich. Ameisen sind unausrottbar, sie erobern jeden möglichen Lebensraum. Daher sollte man sie lieber ertragen als mit allen Mitteln zu bekämpfen, auch wenn sie im Rasen oder unter Steinplatten im eigenen Garten lästig sein können.

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zuletzt bearbeitet am 15.X.2015