13.Nov.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Jagd auf Rehe im Nationalpark Eifel derzeit noch ein „notwendiges Übel“

Thomas Eßing

In unserem schönen Nationalpark Eifel leben auch Rehe. Sie werden hier im Schutzgebiet, wie überall sonst im Land auch, von Jägern geschossen. An dieser Praxis stören sich viele Naturliebhaber und meinen, man könne sie doch wenigstens im Nationalpark Eifel in Ruhe leben lassen.

Wildtiere in klimatisch gemäßigten Lebensräumen können in gewissen Grenzen bejagt werden, ohne dass sich die Anzahl der Tiere einer Population verändert. Die Zahl der getöteten Tiere wird durch eine entsprechend größere Menge an überlebenden Jungtieren vollständig ausgeglichen. Der entscheidende Faktor, der die maximale Tiermenge einer Art bestimmt, ist die Verfügbarkeit von Nahrung in einem gesunden Lebensraum. In dem ewigen Kreislauf von Fressen und gefressen werden kann der Mensch folglich in gewissen Grenzen als natürlicher Beutegreifer angesehen werden, der in die Natur eingebettet ist. Da wir durch moderne Technik über einen (scheinbar) unbegrenzten Nahrungsvorrat verfügen, kann sich zwischen uns und unseren Beutetieren kein natürliches Räuber-Beute-Verhältnis einstellen. Deshalb ist es nötig, dass bejagte Tierarten regelmäßig gezählt werden, um die naturverträgliche Anzahl zur Jagd freigegebener Tiere festlegen zu können.

In Deutschland werden jährlich von den ca. 300 000 Jägern 1,2 Millionen Rehe geschossen. Solch eine große Menge könnte bei einer natürlichen Population an Rehen kaum ausgeglichen werden. Deshalb wird die verfügbare Nahrungsmenge für Rehe durch Jagdinteressierte künstlich erhöht (Fütterung), was vor allem im Winter effektiv ist. Dies ist in NRW aber bereits seit vielen Jahren verboten. Durch die Fütterung wird die natürliche Anzahl von circa acht Rehen je Quadratkilometer auf etwa 16 Rehe nahezu verdoppelt, um mehr Tiere jagen zu können. Das zu viel an Rehen bewirkt ein Verbeißen der Naturverjüngung der Wälder, was erhebliche Kosten für die Allgemeinheit nach sich zieht. So müssen Schonungen eingezäunt werden und Nachpflanzungen zum Teil von Hand erfolgen. Die direkte oder indirekte Fütterung von freilebenden Tieren ist für unseren Naturhaushalt ein Problem. Das fängt bei unseren Katzen an, geht bei den Tauben weiter, über Wasservögel in Teichen und Seen bis hin zu Futterhäuschen für Singvögel. Durch all dies wird den Tierarten in Wirklichkeit nicht geholfen. Gesunde und artgerechte Lebensräume nützen. Dafür sollten sich alle Naturliebhaber einsetzen.

An der Schaffung eines solchen Lebensraumes wird im Nationalpark Eifel gearbeitet. Will man hier aber eine natürliche Anzahl von Rehen haben, muss man den Park entweder einzäunen, oder sie auch hier durch Bejagung auf ein natürliches Maß reduzieren. Da ein Zaun die schlechtere Lösung ist, bleibt nur die Jagd. Hierbei ist nicht die Fleischgewinnung der Zweck, sondern die Erreichung eines natürlichen Wildbestandes. Erst wenn Rehe auch außerhalb des Nationalparks nicht häufiger vorkommen als es natürlich ist, kann auch innerhalb des Parks auf die Jagd verzichtet werden. Derzeit ist sie ein notwendiges Übel, das durch das Verhalten von Interessengruppen außerhalb des Parks erst notwendig gemacht wird.

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zuletzt bearbeitet am 24.XII.2014