19.Dez.2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Urweltmammutbaum ist vor allem in Parks und Gärten verbreitet

Karl Josef Strank

Eine botanische Sensation: 1941 wurden in China Fossilien beschrieben, die man in die Nähe der aus Amerika bekannten Mammutbäume rückte. Der Habitus der Zweige erinnerte an die Wasserfichte, Glyptostrobus pensilis, und so bekamen die Fossilien den Namen Metasequoia glyptostroboides. Doch welch Wunder, kurze Zeit später fand man lebende Exemplare der vermeintlich ausgestorbenen Spezies. Das lebende Fossil kommt noch in kleinen Restbeständen in Zentralchina vor, in Sichuan, Bezirk Shizhu, in Hubei, Bezirk Lichuan, in Hunan, Bezirke Longshan und Sangzhi. Als Art, die weltweit nur ein sehr eng begrenztes Areal hat, ist der Endemit ein botanisches Juwel. Der Urweltmammutbaum, auch Chinesischer Mammutbaum oder Chinesisches Rotholz genannt, ist heute vor allem in Gärten und Parks verbreitet.

Der sommergrüne Baum erreicht Wuchshöhen von 30 bis 35 Meter, in Ausnahmen auch bis zu 50 Meter bei einem Stammdurchmesser in Brusthöhe von zwei Metern. Das Höchstalter wird auf etwas über 400 Jahre geschätzt. Jungbäume entwickeln eine pyramidenförmige Krone, die sich im Alter verbreitert und abrundet. Der Stamm wächst aufrecht, ist an der Basis keilförmig breit und löst sich unregelmäßig in dicken Wülsten auf, die markante Kehlungen unter den Ästen bilden. Die Borke löst sich in langen Streifen ab und legt die rotbraunen inneren Teile der Rinde frei. Die Rinde junger Zweige ist grün und wird erst später grau bis graubraun. Das Sprosssystem gliedert sich in Lang- und Kurztriebe. Letztere werden bis 15 Zentimeter lang und stehen sich gegenüber. Sie bilden weder Seiten- noch Endknospen aus und fallen im Winter ab. Wenn man nicht wüsste, dass es mit Nadelblättern besetzte Kurztriebe sind, könnte der Eindruck entstehen, als verlöre im Winter Metasequoia seine Fiederblätter. Die nadeligen Blätter sind an den Langtrieben spiralförmig und an den Kurztrieben in zwei Zeilen gegenständig angeordnet, wodurch der Eindruck eines Fiederblattes entsteht. Die Nadeln sind flach, oben blaugrün und auf der Unterseite hellgrün. Dort befinden sich auf jeder Seite der Mittelrippe auch zwei gelbliche Stomatabänder.

Als Zierpflanze interessant

Die kupferfarbene Verfärbung im Herbst macht den urweltlichen Mammutbaum auch als Zierpflanze interessant. Weil er in dieser Eigenschaft in Gärten und Parks häufig gemeinsam mit der Sumpfzypresse, Taxodium distichum, angepflanzt wird, kommt es aufgrund eines ähnlichen Erscheinungsbildes und, weil beide sich kupferrot verfärben, zu Verwechslungen. Die Zypresse der Sümpfe stammt aus dem südöstlichen Amerika. Da die Sumpfzypresse charakteristischerweise immer mit den Füßen im Wasser steht und auch schwankende Wasserstände gut verträgt, bildet sie zur Belüftung ihres Wurzelsystems typische Wurzelknie aus, die wie Termitenhöcker um den Stamm herum aus dem Wasser ragen. Die Metasequoia hingegen steht immer auf dem Trockenen. Ein weiterer Unterschied sind die nadeligen Kurztriebe, die bei der Sumpfzypresse wechselständig und beim Mammutbaum gegenständig angeordnet sind.

Wie es sich für eine urtümliche „Konifere“ (Zapfenträger) gehört, sind die „Blüten“ der Metasequoia zapfenförmig organisiert. Es gibt weibliche und männliche Zapfen, die aber auf demselben Baum wachsen. Die fast kugeligen weiblichen Zapfen stehen einzeln oder zu zweit am Ende von Kurztrieben. Die männlichen Zapfen stehen zu vielen an kätzchenartigen überhängenden Blütenständen, die am Ende vorjähriger Langtriebe seitlich aus Blattachseln oder an der Spitze entspringen. Am natürlichen Standort blüht Metasequoia erst nach 25 bis 30 Jahren. Aufgrund von Störungen in der Embryonalentwicklung erreicht die Art selbst bei stärkstem Blütenansatz im Alter zwischen 40 und 60 Jahren nur ein Vollkornprozent, das selten über zehn Prozent liegt. Diese eingeschränkte Fertilität trägt mit dazu bei, dass Metasequoia glyptostroboides heute nur noch in Restbeständen vorkommt. Dennoch ist sie durch Nachzucht weit verbreitet worden.

Eine sehr schöne Allee des urweltlichen Mammutbaumes ist auf der Blumeninsel Mainau im Bodensee gepflanzt. Sie führt im großen Bogen auf Schloss und Gewächshäuser zu und ist nicht nur im Herbst sehr ansehnlich.

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zuletzt bearbeitet am 22.XII.2013