20.Dez.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


So erblüht der prächtige Ritterstern zum nächsten Weihnachtsfest wieder

Astrid von Reis

In klaren Nächten sind sie wieder zu sehen: die Sterne und Sternbilder am Himmel, allen voran Orion mit seinem leuchtenden Gürtel. Auch unsere Häuser werden wieder geschmückt mit Sternen aus Holz, Stroh, Glas und vielen anderen Materialien. Und in der Weihnachtsbäckerei werden die Symbole des Lichts aus den unterschiedlichsten Teigen ausgestochen und gebacken.

In Blumenläden und auf den winterlich geschmückten Fensterbänken sind neben Zweigen von diversen Nadelbäumen, Misteln und Christrosen auch wieder die leuchtenden Weihnachtssterne zu bewundern. Und mit diesen um die Wette erstrahlen die imposanten, trichterförmigen Blüten des Rittersterns (Hippeastrum spec. Herb.).

Diesen strahlenden Schönling kennen Sie nicht? Doch, sicher, höchstwahrscheinlich jedoch unter einem anderen Namen, dem der Amaryllis. Dieser Name hält sich im Volksmund, obwohl bereits Anfang des 20. Jahrhunderts festgestellt wurde, dass die von Carl von Linné breit gefasste Gattung Amaryllis nur eine Art umfasst, die Belladonnalilie. Heute sind es zwei Arten – beide sind in Südafrika beheimatet. Hippeastrum gilt seit dem als eigenständige Gattung mit etwa 80 Zwiebelpflanzenarten, welche, wie die Gattung Amaryllis, zu der Familie der Amaryllidaceae gehören. Sie kommen ursprünglich in Mittel- und Südamerika vor, wachsen in Lebensräumen von Flußböschungen bis zu felsigen Berghängen vom Meeresniveau bis zu den subalpinen Regionen. Allen Gebieten ist gemein, dass hier ausgeprägte Trockenperioden vorkommen.

Prächtige, ästhetische und exotische Pflanzen waren bei den höheren Ständen im 18. und 19. Jahrhundert sehr begehrt, so dass „Pflanzenjäger“ viele Arten nach Europa holten. Der Ritterstern wurde von Niederländern entdeckt. Bereits um 1800 wurden dann in England verschiedene Arten gekreuzt. Bedeutend waren hierbei die Arten H. vittatum, H. aulicum und H. striatum. Bei den Züchtungen wurde auf einen großen, vielzähligen Blütenstand geachtet. So sind die Wildformen mit meist zwei Blüten viel kleiner und graziler als die inzwischen über 600 großblütigen, vielfarbigen Sorten.

Die bis zu 80 cm hoch wachsenden, blattlosen Blütenschäfte entstehen in der Blattachsel einer Zwiebel und sind, im Unterschied zu den Stängeln der Amaryllis, hohl. Auf ihnen thronen 3-6 Blüten mit einem Durchmesser von bis zu 30 cm. Sie haben sechs Blütenblätter mit schimmernder Oberfläche, sechs Staubblätter und einen Griffel mit Narbe, die erst nach Verblühen der Staubbeutel reif wird um Selbstbestäubung auszuschließen. Im Gegensatz zur Amaryllis wächst bei den Rittersternen an der Basis der Blüte eine kurze, fransige Nebenkrone. Die Farbpalette der manchmal sogar gefüllten Blüten ist inzwischen riesig: uni in diversen Rottönen oder weiß und seltener gelb, mal gestreift und sogar gepunktet.

Ihren Namen verdanken die Rittersterne dem englischen Geistlichen und Hobbybotaniker William Herbert, der ihn 1837 erfand: Entweder erinnerten ihn die Knospen an ein Pferdeohr (griech. Hippos = Pferd) und die Blüte an einen sechsstrahligen Stern (griech. astron = Stern) oder an den Morgenstern eines Ritters (griech. hippeus = Ritter). Traurig ist, wenn diese herrlichen Sterne verwelken und die während der Blühzeit gesprossenen, einfachen, riemenförmigen Blätter übrig bleiben. Zur Pflanzenfamilie passt dann das herrliche Madrigal „Adieu, sweet Amaryllis“ von John Wilbye (1574 – 1638), ein mehrstimmiges Vokalstück als Abschiedslied an Amaryllis (Schäferin in den Hirtengedichten von Vergil). Doch wenn die Zwiebel nicht achtlos weggeworfen wird und ihr gemäß dem natürlichen Lebenszyklus Zuwendung geschenkt wird, kann sie zum nächsten Weihnachtsfest wieder erblühen: Etwa im Februar werden die Blüten mit Stiel abgeschnitten; im März und April wird der Ritterstern etwas häufiger gegossen und warm gehalten; von Mai – Juli sollte die Pflanze alle ein bis zwei Wochen gedüngt werden. Sie kann jetzt auch im Freien an einem halbschattigen Platz gedeihen. Ab August sollte sie kein Wasser mehr erhalten. Im September/Oktober werden die Blätter abgeschnitten und die Pflanze ins Dunkle bei etwa 15 Grad gestellt. Im November sollte die Zwiebel umgetopft werden. Ab Anfang Dezember wird die Pflanze dann ins Helle gestellt – in die Zimmerwärme.


voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 26.I.2013