Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
tanazitam
44
Tanacetum vulgare L. Asteraceae

 
 Rainfarn
deutscher Name 
 Boerenwormkruid
niederländischer Name 
 tanaisie
französischer Name 
 common tansy
englischer Name 
Beschreibung

Geschichte

Verwendung


 

Botanische Beschreibung der Art

Der Rainfarn ist eine ausdauernde, horstbildende 40-160 cm hohe Pflanze. Die im Alter basal verholzenden Triebe entspringen aus einem dichten Geflecht aus Wurzeln und Sprossabschnitten. Der dicht beblätterte Spross erscheint derb, kantig gerieft, kahl und häufig rötlich-braun überlaufen. Die wechselständig an der Achse ansitzenden, 15-25 cm langen und bis zu 10 cm breiten Laubblätter sind dunkelgrün, farnartig gefiedert. Die Ähnlichkeit dieser Stängelblätter mit den Wedeln der echten Farnen sowie die Standorte an Acker- und Wegrainen, an denen er vorkommt, begründen vermutlich den deutschen Namen Rainfarn.

Zahlreiche, kleine, goldgelbe Blütenköpfchen mit etwa 7-12 mm Durchmesser sind trugdoldenartig in einer Ebene zu Blütenständen angeordnet. Charakteristischerweise fehlen in diesen Köpfchen die Zungenblüten oder sie sind so stark reduziert, dass sie kaum in Erscheinung treten.

Der ganzen Pflanze entströmt besonders beim Zerreiben ein gewürzartiger, häufig als unangenehm empfundener kampferartigen Geruch.

Die im Spätsommer von Juli bis September blühende Pflanze findet man häufig an Wegen, auf Brachland sowie an Waldrändern, im Flussschotter und auf Bahndämmen. Sie benötigt nährstoffreichen Lehmboden. Vielfach wird der Rainfarn auch als Zierpflanze in Gärten angepflanzt.
 

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Geschichte

Rainfarn war in der Antike offenbar unbekannt. Der Vermerk in der Pflanzenliste des Capitulare de villis unter dem Namen "tanazita" zählt zu den ältesten Erwähnungen der Pflanze.

In germanischer Zeit hat der Rainfarn wahrscheinlich kultische Bedeutung besessen. Darauf deutet die Erwähnung der Pflanze bei Hildegard von Bingen, die den Rainfarn als "heilige Pflanze" bezeichnet, deren Genuss zu Ostern beziehungsweise im Frühjahr Lebenskraft verleihen soll. Noch heute gibt es in England zu Ostern, dem altgermanischen Fest Thors und Freyjas (Ostara), als altes Kultgebäck Rainfarnkuchen zu essen. Der nach altem germanischen Volksglauben dem Thor geweihte Rainfarn wirke antidämonisch und wehre Böses, unter anderem den Blitz ab. Letztere Vorstellung ist später in den christlichen Volksglauben eingegangen. Noch heute gehört der Rainfarn in die Kräutersträuße gebunden, die in vielen Landstrichen Deutschlands zu Mariä Himmelfahrt (15. August) geweiht werden. Der Freundeskreis greift diesen Brauch wieder auf mit der Kräutersegnung im Karlsgarten am Rathaus. Nach christlichem Verständnis als Dank für die Heilkraft der Kräuter interpretiert und der Mutter Gottes "der Blume des Feldes und Lilie der Täler" (Hohes Lied) geweiht, wurden zumindest noch vor wenigen Jahrzehnten die geweihten Kräuterbunde zum Segen der Bewohner und als Schutz vor Blitzschlag im Haus aufgehängt. Das Verbrennen der Kräuterbunde in Viehställen verweist auf den praktischen Nutzen dieses Ritus, der insektiziden Wirkung insbesondere des Rainfarns. Hieronymus Bock schreibt über die Wirkung des Rainfarns: "Der Samen von dem Reinfarn ... mit Honig und Wein eingedruncken / die Würmer sol außtreiben / den Bauchschmerzen stillen / und den Schweiß austreiben."

Seit dem 8. Jh. wird der Rainfarn offenbar zu Heilzwecken genutzt. Die ersten Berichte hinsichtlich der Wirksamkeit des Rainfarns bei Wurminfektionen gehen auf den britischen Pflanzenkundler Gerard im 16. Jh. zurück. Zur gleichen Zeit gelang es, ein medizinisch hochwirksames etherisches Öl durch Destillation insbesondere der Blütenköpfchen zu gewinnen. Rainfarn darf allerdings nur in sehr geringer Menge eingenommen werden, da er das Gift Thujon enthält. Aufgrund des sehr stark variierenden Gehaltes an Thujon verschiedener Chemotypen des Rainfarns treten Vergiftungen schon im normalen Dosierungsbereich auf. Eine Selbstmedikation verbietet sich daher strikt. Das gilt insbesondere für die Einnahme des Öls, von dem schon wenige Gramm schwerste Vergiftungen hervorrufen.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

In der Veterinärmedizin besitzt der Rainfarn nichtsdestotrotz weiterhin seine Bedeutung als krampflösendes Mittel und gegen Würmer insbesondere bei Pferden.

Die äußerliche Anwendung auch beim Menschen erscheint unbedenklich. Bei Krampfadern, Verrenkungen und Geschwülsten werden die frisch zerquetschten Blätter aufgelegt.

Die insektizide Wirkung der Kräuterbunde ist vor allem durch den Rainfarn erklärlich. Gegen lästige Fliegen hängt man das gebüschelte Kraut im Zimmer auf, nachdem man es blühend geschnitten hat. Es verströmt einen Geruch, der Fliegen und Motten vertreibt, im Nutzgarten hilft Rainfarn gegen Ameisen. Das Verbrennen des Krautes ist geeignet, den Effekt zu verstärken.

Ein Tee aus den Blütenköpfchen des Rainfarns, nach der folgenden Rezeptur angesetzt, ist ein probates Mittel gegen Milben und anderes Ungeziefer im Garten.

Rainfarn-Tee zur Abwehr von Pflanzenschädlingen
30 g getrocknete Blüten werden mit einem Liter kochendem Wasser übergossen. Das Gefäß abdecken und den Tee 10-15 Min. ziehen lassen. Nach dem Abkühlen werden die Blütenreste abgesiebt. Das Filtrat wird unverdünnt gegen Milben, Läuse und Frostspanner versprüht.
 

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zuletzt geändert am: 5.III.2004