Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
blidas 55 Amaranthus blitum L. Amaranthaceae

 

 
 Meier
deutscher Name 
 Kleine majer
niederländischer Name 
 amarante blette
französischer Name 
 wild amaranth
englischer Name 

 
Beschreibung

Geschichte

 Verwendung

Botanische Beschreibung der Art

Wie die verwandtschaftlich nahestehenden Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) besitzen auch die Fuchsschwanzgewächse, so heißen die Amaranthaceae auf Deutsch, kleine unscheinbare Blüten. Beim Meier sind sie in blattachselständigen Knäueln angeordnet und nach Geschlechtern getrennt. Am Ende eines Triebes können die Blütenknäuel etwas zusammengedrängt stehen. Die weiblichen Blüten besitzen meist nur drei winzige Kronblätter. Die dunkel glänzende, nussartige, dünnhäutige Frucht wird kaum über 1mm groß. Sie fällt als Ganzes von der Pflanze oder die Außenhaut reißt unregelmäßig auf (im Gegensatz zu verwandten Arten, bei denen ein kreisförmiger Deckel abgesprengt wird).
Die Blätter sind eiförmig-rhombisch geformt, an der Basis keilförmig in den kurzen Stiel verschmälert und an der Spitze meist deutlich eingekerbt. Die einjährige Pflanze ist überall kahl. Der Stängel kann bis 80 cm lang werden.

Der Meier ist eine der wenigen Fuchsschwanzarten, die ohne Zutun des Menschen in Mitteleuropa vorkommen. Insgesamt ist die Art weltweit verbreitet und wird heute meistens in vier Unterarten aufgeteilt. Amaranthus blitum ssp. blitum ( = A. lividus var. ascendens) ist die wilde Form Mitteleuropas und kommt hier auf nährstoffreichen Flussbänken, an Schlammteichen und ähnlichen Stellen vor. Der Wuchs ist niederliegend bis aufsteigend und die Blätter sind um 2cm lang. Das Foto oben zeigt diese Form. A. blitum ssp. emarginatus ( = A. lividus var. polygonoides) sieht ähnlich aus und ist vorwiegend tropisch verbreitet.  A. blitum ssp. lividus ( = A. lividus var. lividus) wächst aufrecht und hat viel größere Blätter (bis 9cm). Charakteristisch ist außerdem die intensive Rotfärbung der ganzen Pflanze ("Blutmeier"). Diese Form stammt aus dem Mittelmeerraum und wurde hier schon in der Antike kultiviert. Ähnlich, nur nicht auffällig rot gefärbt ist A. blitum ssp. oleraceus ( = A. lividus var. oleraceus), der in Indien als reine Kulturform entstanden ist. Bis auf die tropische emarginatus-Sippe wurden alle Formen in Mitteleuropa kultiviert.
 

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Geschichte

Der Gattungsname Amaranthus geht auf das griechische amarantos (unverwelkllich) zurück und taucht bei Ovid und Plinius zuerst auf, die damit Celosia margaritacea meinten, die noch heute als "Hahnenkamm" für Trockensträuße benutzt wird. Die Pflanze galt als Symbol der Unsterblichkeit und wurde als Heiligtum der Artemis verehrt. Vielleicht aufgrund eines Missverständnisses hat Linné den Namen mit h geschrieben. Deshalb findet man bis heute auch die eigentlich richtige, aber nach dem Nomenklatur-Code ungültige Schreibweise Amarantus in Florenwerken.

Reste von Amaranthus blitum ssp. blitum wurden schon bei den mitteleuropäischen Pfahlbauten (z.B. am Bodensee) gefunden. Hauptverwendung war die Nutzung der stärkereichen Samen als Körnerfrucht. Mit der Ausbreitung des Getreideanbaus vom vorderen Orient nach Mitteleuropa war dies nicht mehr lohnend und es trat die Verwendung als Blattgemüse in den Vordergrund. Dazu wurden im frühen Mittelalter auch die großblättrigen Sippen aus dem Mittelmeerraum und aus Indien eingeführt und kultiviert.

Dioskorides führt die Art nur kurz unter "Kochkräutern" auf und konstatiert lakonisch: "...erweychet den bauch und stulgang. Hat aber kein ander Krafft in der Arzney zu gebrauchen". Bei Hippokrates wird ein Kraut namens Bliton  erwähnt; möglicherweise handelt es sich dabei um Amaranthus blitum ssp. oleraceus, der als Herba Bliti albi früher als leichtes Diuretikum (harntreibendes Mittel) benutzt wurde.

Neben dem Meier wurden auch mehrere Gänsefußgewächse (Fam. Chenopodiaceae) wie Melde, Weißer Gänsefuß oder Guter Heinrich als Blattgemüse genutzt. Die Kultur aller dieser Arten ging rapide zurück, als im Verlauf des Mittelalters der Spinat (Spinacia oleracea) seinen Siegeszug über Mitteleuropa antrat. Der Spinat ist ertragreicher und wird als wohlschmeckender empfunden. Die Wildform des Spinats ist unbekannt, sie stammt vermutlich aus dem Kaukasus. Die Kultur verbreitete sich schon in der ausgehenden Antike im Mittelmeerraum. Die erste Erwähnung für Mitteleuropa findet sich im 13. Jhdt. bei Albertus Magnus. In der Folge ist die Kultur des Meiers nahezu in Vergessenheit geraten.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Wie schon gesagt, ist der Meier durch den Spinat in die Bedeutungslosigkeit verdrängt worden. Der im Vergleich zum Spinat bitterere Geschmack wird durch Saponine hervorgerufen. Dafür enthalten Meier und ähnliche Fuchsschwanzarten Provitamin A und Vitamin C sowie ca. 4% Eiweiß. Wie beim Spinat und allen ähnlichen Blattgemüsen kann der hohe Nitratgehalt allerdings zum Problem werden, was natürlich bei konventionellem Anbau mehr ins Gewicht fällt als bei ökologischem. Wer die Gelegenheit hat, an Meier zu kommen oder ihn selbst im Garten kultiviert, kann alle Spinatrezepte auch auf den Meier anwenden.

Während der Meier bei uns allenfalls noch einen Liebhaberwert besitzt, könnten ähnliche Fuchsschwanzarten in der Dritten Welt größere Bedeutung erlangen und zwar nicht als Blattgemüse sondern wegen der Früchte:  Die Früchte enthalten 50-60% Stärke, ca. 15% wertvolles lysinreiches Eiweiß und ca. 9% Öl mit einem hohen Gehalt ungesättigter Fettsäuren. Die in Frage kommenden Arten gedeihen auch in tropischem Klima gut und sind dort viel unproblematischer als die entsprechenden Getreidearten. Besonders in den USA wurden dafür neue Züchtungen mit höherem Proteingehalt entwickelt.
 

 
 


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zuletzt geändert am 4.V.2001