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Blütenbiologie
Basisinformation und Lösungen
 

Die Beziehung zwischen Blüten und ihren Bestäubern gilt als klassisches Beispiel für eine Symbiose, also das Zusammenleben zweier Arten zum gegenseitigen Vorteil. Der Bestäuber erhält als "Belohnung" Nektar, Pollen, in selteneren Fällen auch Öl, Parfüm oder ein sicheres Nachtquartier. Der Vorteil für die Pflanze ist die Übertragung des Pollens auf eine andere Pflanze. Dabei steht nicht einmal die reine Vermehrung im  Vordergrund -Pflanzen haben zahlreiche Methoden der ungeschlechtlichen Vermehrung entwickelt- mindestens so wichtig ist die ständige Rekombination des Erbmaterials von Generation zu Generation.

In Anpassung an die anatomischen und ethologischen Besonderheiten der Bestäuber haben sich charakteristische Blumentypen entwickelt. Als "Blume" bezeichnet man die blütenbiologische Einheit, was meistens mit der morphologisch definierten "Blüte" identisch ist. Zahlreiche kleine Blüten können aber auch zu einer Funktionseinheit zusammengefasst sein wie bei Körbchenblütern (Asteraceae) und Doldenblütern (Apiaceae). Umgekehrt besteht die Blüte der Schwertlilien (Iris) aus drei völlig unabhängig funktionierenden Einheiten, die jede für sich angeflogen und bestäubt werden. Außerdem muss man den Bestäuber, die Art, die wirklich den Pollen auf die Narbe der nächsten Blüte bringt, von sporadischen Besuchern unterscheiden, die vielleicht auch Pollen oder Nektar verzehren, aber nicht die Bestäubung bewirken.

Nach den wichtigsten Bestäubern lassen sich folgende Typen unterscheiden:
 
Bestäuber Charakteristische Blumenmerkmale Beispiele
Käfer weiß, mit viel Pollen (Käfer können nur kauen), oft etwas derb Doldenblütler, Seerosen, Magnolien
Bienen (nektarsuchende Bienen und Hummeln) zygomorph mit deutlicher Lippe ("Landebahn"), Nektar in kurzer Röhre oder Sporn, eine kontrastreich gefärbte Zeichnung (Saftmal) deutet auf den Nektar hin die meisten Lippenblüter, Stiefmütterchen
Fliegen weiß, mit dünnflüssigem, offen dargebotenem Nektar Doldenblütler
Tagfalter oft rötlich, duftend, Nektar in langen Röhren oder Spornen versteckt; ausgebreitete Blütenblätter oder zahlreiche eng zusammenstehende Blüten bilden eine Fläche, auf der der Falter landen kann Nelken, verschiedene Disteln
Nachtfalter weiß, intensiv duftend, Nektar in langen Röhren oder Spornen; da Nachtfalter auch im Flug stehen bleiben können, ist ein "Landeplatz" nicht nötig Zaunwinde, div. Nelkengewächse

In den Tropen fungieren außerdem auch Kolibris und ähnliche Vögel (Blüten knallrot mit viel dünnflüssigem Nektar)  und Fledermäuse als Bestäuber (Blüten ähnlich wie bei Nachtfaltern, nur viel größer und derber).
 
 

Beispiele aus dem Karlsgarten

Käfer- und Fliegenblumen: praktisch alle Doldenblütler (Fam. Apiaceae)
Bienenblumen: die meisten Lippenblütler (Fam. Lamiaceae), alle Schmetterlingsblütler (Fabaceae), Iris.
Tagfalter: Weberkarde (Dipsacus sativus), Wilde Artischocke (Cynara cardunculus)
Nachtfalter: Madonnenlilie (Lilium candidum)

Die Beziehung zum gegenseitigen Vorteil kann aber auch zu einer einseitigen Angelegenheit umkippen. So gibt es Hummeln, die für sie zu lange Sporne einfach aufbeißen und so an den Nektar gelangen, ohne den Pollen zu übertragen. Auch die Pflanzen haben Strategien entwickelt, die aufwändige Produktion von Pollen bzw. Nektar zu minimieren. So wird durch gelbe Farbflecken, Haare an den Staubfäden u.a.m.  mehr Pollen vorgetäuscht als tatsächlich vorhanden ist. Bei Lein-Arten (Linum spec.) sind von den fünf Nektarien, die alle durch Saftmale markiert sind, nur zwei wirklich nektarführend. Diese Strategie zur Perfektion gebracht haben die sogenannten Täuschblumen, die ihren Bestäubern jede Art von Belohnung vorenthalten.
 
Typ Charakteristische Merkmale Beispiele
Nektar-Täuschblume wie Bienenblume, nur ohne Nektar zahlreiche Orchideen, z.B. alle heimischen Knabenkräuter
Köder-Täuschblume täuscht Brutsubstrat vor, vor allem für Fliegen, dann meist braun oder braun-gefleckt und mehr oder weniger nach Aas oder faulendem Obst riechend. Beim Versuch, Eier abzulegen, werden die Fliegen mit Pollen beladen. div. Araceae (Arum-Arten, Sauromatum, Amorphophallus), Seidenfadengewächse aus der Unterfamilie Stapelioideae.
Sexuelle Täuschblume Lippe imitiert in Form, Zeichnung, Behaarung und Duft die paarungsbereiten Weibchen verschiedener Hautflüglerarten. Die Männchen werden beim Versuch der Kopulation mit Pollen beladen. div. Orchideen, besonders aus der Gattung Ophrys

Während Fliegen und liebestolle Hautflügler-Männchen anscheinend leicht zu täuschen sind, haben es die Nektar-Täuschblumen mit den intelligenten und lernfähigen Bienen (incl. Hummeln) zu tun. Deshalb haben sie Strategien entwickelt, die Täuschung zu kaschieren. Z.B.sieht der Blütenstand des Kugelknabenkrauts (Traunsteinera globosa) manchen Scabiosa-Blütenständen, die natürlich Nektar enthalten,  zum Verwechseln ähnlich. Eine andere Strategie verfolgt das Holunder-Knabenkraut (Dactylorhiza sambucina), das in zwei Farbvarianten vorkommt, die auch ein menschlicher Betrachter spontan für zwei unterschiedliche Arten halten würde.
 
 

Lösungen Aufg.1

a) v.l.n.r.: Nachtfalter (weiß, langer Sporn), Hautflügler (sexuelle Täuschblume), Fliege (Köderblume, typische Braunfleckung), Bienenblume (Saftmal, Lippe, kurze Röhre), Tagfalter (rosa, Blütenblätter unten zu langer Röhre vereinigt, oben flach ausgebreitet).

b) Die Falterblumen riechen vermutlich intensiv und angenehm, die Fliegenblume (Orbea) nach Aas oder faulem Obst. Die beiden anderen Arten riechen (zumindest für den Menschen) nicht.

c) Ophrys: sexuelle Befriedigung, Orbea: Blüte wird für Substrat zur Eiablage angesehen.

d) Tatsächlich handelt es sich in beiden Fällen um eine einseitige Ausnutzung des Bestäubers. Untypisch für normale Parasiten ist, dass es sich nicht um eine dauerhafte Beziehung handelt.
 
 

Lösungen Aufg. 2

a) Bienen: Lippe, Saftmal, kurzer Sporn

b) Bienen, die ein- oder zweimal z.B. an einer gelben Blüte keinen Nektar gefunden haben, werden vielleicht trotzdem auf eine rote Blüte fliegen, weil sie das für eine andere Art halten und so doch den Pollen übertragen.

c) Unerfahrene Bienen fliegen die Blüten an, weil sie alle Merkmale zeigen, die Nektar erwarten lassen. Nach ein paar Fehlversuchen werden sie diese Blüten nicht mehr anfliegen aber vielleicht die anders gefärbten Blüten. In dieser Phase kommt es deshalb relativ häufig zu Pollenübertragungen. Wenn die Bienen gelernt haben, dass weder die gelben noch die roten Blüten Nektar liefern, werden sie die Art komplett meiden. Im Endeffekt werden deshalb nur die frühesten Blüten erfolgreich bestäubt, danach sinkt die Quote der befruchteten Fruchtknoten rapide ab.
 
 
 
 

 
 

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zuletzt bearbeitet am 8. IV. 2001