Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
sorbarios
77
Sorbus domestica Borkh. Rosaceae
 
 
 Speierling
deutscher Name 
 Peerlijsterbes
niederländischer Name 
 sorbier 
 domestique
französischer Name 
 service tree, 
 cheque tree
englischer Name 
 
Beschreibung
 
Geschichte
 
 Verwendung
 

Botanische Beschreibung der Art

Der Speierling ist ein sommergrüner 10-20 m hoher Baum mit anfangs pyramidaler und später breiter Krone. Er ist verwandt mit der Vogelbeere (Eberesche), der Elsbeere, der Mehlbeere und zählt zu den Rosengewächsen. Sein Vorkommen reicht von Nordwestafrika, über Ostspanien, Frankreich, Italien, die Balkanhalbinsel und die Krim bis Nordanatolien. Er blüht im Mai/Juni und fruchtet im September/Oktober. Die Borke ist graubraun und kleinschuppig, junge Zweige sind zunächst weiß behaart, verkahlen aber bald und sind dann olivgrün bis rötlichbraun, besetzt mit großen, länglichen Korkwarzen. Die länglich-eiförmigen Winterknospen sind zugespitzt, 12-15 mm lang, grünlich, kahl, klebrig, nur spitzenwärts etwas behaart. Die wechselständigen Blätter (bis 20 cm lang, Blattstiel 3,5-5,5 cm) sind mit 13-19 Fiederblättchen unpaarig gefiedert. Diese wiederum sind 3,5-6 cm lang, bis 2 cm breit und im unteren Drittel ganzrandig (!Unterschied zur Vogelbeere oder Eberesche) ansonsten einfach gesägt mit lang ausgezogenen Zähnchen. Die Fiederchen sind oberseits mattgrün, kahl unerseits heller und entlang der Adern behaart. Die Nebenblätter sind hinfällig und die Herbstfärbung ist gelb bis orange. Die Blüten duften angenehm und stehen zu 35-75 in 6-10 cm breiten Kegelrispen endständig an jungen Kurztrieben. Der Blütenbecher ist weißfilzig, die Blüte 5-zählig. Die 3-eckigen Kelchblätter werden von den 5-7 mm langen, weißen, ausgebreiteten Kronblättern überragt. Staubblätter 20, meist 5 Fruchtblätter, die weitgehend seitlich miteinander und rückenseitig mit dem Fruchtbecher verwachsen sind. Die birnen- bis apfelförmige Frucht (2-3,5 cm lang, bis 3 cm breit) ist schwach bereift, grünlichgelb und sonnenseits gerötet. Das Fruchtfleisch hat viele Steinzellen. 1-4 eiförmig, braune Samen sind 8 mm lang.
 

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Geschichte

Der Speierling ist im Mittelmeerraum bereits seit langem in Kultur. Schon Theophrast beschreibt den Baum und unterscheidet nach den Früchten runde, wohlriechende und süße von länglichen, eiförmigen Sorten, die weniger gut duften und oft sauer sind. Entscheidend für die Kultur sind die Früchte, deretwegen die Wildformen des Baumes am Haus gehalten, d.h. domestiziert wurden. Columella macht Angaben über die Lagerung derselben. Essbar sind die Früchte nur überreif, wenn sie eine teigige Konsistenz erlangt haben. Dioskurides empfiehlt sie, auch getrocknet oder zu Mehl gemahlen, zur Stopfung des Stuhlganges. Die Schmerbirnen galten und gelten als Hausmittel bei Magen- und Darmerkrankungen. Hieraus erklärt sich, dass man sie gelegentlich heute noch ans Vieh verfüttert. Plinius Secundus beschreibt die in Italien vorkommenden Bäume und macht Angaben zur Verwendung des Holzes. Es ist feinfaserig, schwer, mittelhart, biegsam, dauerhaft und nur wenig schwindend. Speierling fällt zu selten an und geht ohne besondere Bewertung zusammen mit Birnen- und Elsbeerenholz in dem Sammelsortiment "Schweizer Birnbaum" auf. Er liefert ein gutes Furnier und wird heute noch gebraucht für Billardstöcke, Dudelsackpfeifen, den Cembalobau, Hobel, Einlegearbeiten, Holzschnitt, in der Tischlerei, Bildhauerei und für Drechselarbeiten. Historisch fand es Verwendung für Achsen, Ackergerät, Brillengestelle, Büchsenmacherei, Bugholz im Schiffsbau, Kegel, Ölmühlen, Pressen, Schrauben, Spindeln, Walzen, Zapfenlager und Zahnräder für Weinpressen und Getreidemühlen
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Im Mittelalter war der Speierling in Deutschland ein wichtiges Kulturgehölz. Eine 1977/78 im Frankfurter Raum durchgeführte Zählung ergab noch 328 Exemplare. Er steht auf der Liste der gefährdeten Pflanzen und wurde Anfang der Neunziger Jahre ob seiner Seltenheit sogar zum Baum des Jahres ausgerufen. Inzwischen ist man um Erhalt und Vermehrung bemüht, da eine Naturverjüngung praktisch nicht stattfindet. Die Samen keimen erst, wenn keimungshemmende Substanzen im Fruchtfleisch abgebaut sind, was durch Verwesung desselben im Winter passiert oder wenn die Samen ihren Weg durch den Darm von Tieren genommen haben. Die Artbezeichnung "domestica" trägt der Speierling zurecht, denn ohne die menschlische Obhut tut er sich schwer.

Dennoch ist er heute nicht völlig bedeutungslos und nur ein Fall fürs Museum. Aus den Früchten presst man einen Most, der säure- und bitterstoffreich ist. Er hat auch einen vergleichsweise hohen Zuckergehalt, was aber wegen der Bitterstoffe nicht sonderlich rausschmeckt. Die phenolischen Bitterstoffe sind in ihrer Wirkung mit den Tanninen (Gerbstoffe) in Rotwein vergleichbar. Sie sind antibakteriell und haben konservierende Eigenschaften. (Tannin- und im ausgewogenen Verhältnis säurereiche Weine sind lange lagerfähig!) Daher setzt man heute Apfelweinen aus geschmacklichen Gründen aber vor allem zur Verbesserung der Haltbarkeit bis zu 1% Speierlingsmost zu.
 

 

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zuletzt geändert am: 4.8.2000